Am 23.01.2014 (Az. 7 Sa 97/13) entschied das Landesarbeitsgericht Köln, daß die mittelbare Beleidigungen stellvertretend über den Anwalt des Arbeitgebers eine außerordentlichen Kündigung und ordentliche Kündigung rechtfertigen können. Im konkreten Fall jedoch gab das Gericht lediglich einem Auflösungsantrag nach § 9 I KschG statt.
Der Arbeitnehmer (ein hochqualifizierter Akademiker und gehobener Angestellter) hatte den Anwalt des Arbeitgebers selbst angerufen und warf ihm vor, daß er im laufenden Prozess und insbesondere in der öffentlichen Gütesitzung Lügen und Verleumdungen über den Arbeitnehmer erzähle. Er habe seinen Mandanten „nicht im Griff“. Der Anwalt würde deshalb seine Anwaltszulassung riskieren und sich der Gefahr einer staatsanwaltschaftlichen Verfolgung aussetzen.
Das Landesarbeitsgericht führt aus, daß diese Verbalattacken gegen den Prozessbevollmächtigen sowohl eine fristlose als auch eine fristgemäße Kündigung rechtfertigen.
Der Anwalt hätte aber wegen des Schutzzwecks des § 12 BORA nicht erst 20 Minuten mit dem Gegner sprechen dürfen. Der § 12 der Berusordnung für Rechtsanwälte verbietet es, daß ohne Einwilligung des gegnerischen Anwalts mit der gegnerischen Naturpartei direkt Kontakt aufgenommen wird. Der Anwalt hätte des Gespräch abbrechen müssen. Der Arbeitgeber muß sich zurechnen lassen, daß der Anwalt dem Gegner die Gelegenheit gab, sich um Kopf und Kragen zu schimpfen.
Trotzdem war ein Aufösungsantrag nach § 9 I KSchG gerechtfertigt. Es sind hierbei strenge Anforderungen zu stellen, allerdings nicht so strenge wie an eine fristlose Kündigung. Es reicht, daß eine gedeihliche Zusammenarbeit nicht mehr zu erwarten ist. Die Herabwürdigung eines Zeugen als Lügner, hier des Anwalts, kann für einen Auflösungsantrag ausreichen, diese Aussagen legen die negative Einstellung des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber offen. Denn gemeint mit den Beleidigungen war eigentlich der Arbeitgeber.
Das Arbeitsverhältnis wurde also nur aufgelöst nach § 9 KSchG und der Arbeitnehmer erhielt eine Abfindung, die das Gericht mit einem Gehalt pro Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses ansetzte.
Fazit: Die Beleidigung des Anwalt, er würde im Prozess Lügen und Verleumdungen verbreiten, ist ein Kündigungsgrund, weil damit eigentlich der Arbeitgeber gemeint ist. Weil der Anwalt sich aber auf das Telefonat unter Umgehung des gegnerischen Anwalts 20 Minuten lang einließ, war eine Kündigung unverhältnismäßig. Nur ein Auflösungsantrag war daher gerechtfertigt, da die gedeihliche Zusammenarbeit im konkreten Fall - unter Würdigung der Persönlichkeitsstruktur - des Arbeitnehmers nicht möglich sein wird.
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